Gleisanlagen Hopfensack und Pumpen

 Zwischen Börse und Meßberg zog sich bis 1943 eine vielbefahrene Straßenbahnstrecke durch die südliche Altstadt. Sie diente vor allem der Zuführung der Linien aus Horn, Hammerbrook, Rothenburgsort und Harburg. Doch zeitweise fuhr auch die "5" aus Eilbek und die "9" aus Barmbek vom Klosterwall dorthin kommend über diese Strecke. 

Beim Meßberg mündete sie auf eine zweite Strecke über Dovenfleet am Zollkanal entlang, so dass beim Meßberg ein Verkehrsknoten entstand, auf dem "damals" nahezu ebensoviel Leben herrschte wie am Rathausmarkt.

Am 20.10.1880 begann die Straßen Eisenbahn Gesellschaft (SEG) mit dem Betrieb einer neuen Linie [später 21] vom Dornbusch nach Rothenburgsort. Als erste Linie (außer der Hamburg-Altonaer Pferdebahn) begann sie nicht am Rathaus, sondern am "Dornbusch". Diesen kleinen Platz finden Sie auch heute noch, wenn Sie vom Rathaus aus die Kleine Johannisstr. nach Süden hinab gehen.

Karte von 1893, Staatsarchiv Hamburg, zitiert aus S. 61, Arbeitshefte zur Denkmalspflege, Karin Maak "Die Speicherstadt". Die Reproduktion der Karte ist nicht so ganz deutlich, doch man erkennt den wie ein umgedrehtes "L" geformten Platz Dornbusch oben links und die beiden Gleise durch die Gr. Reichenstr, Kl. Reichenstr. und Hopfensack (siehe auch nächste und übernächste Karte)
Schon am 02.11.1880 eröffnete die SEG vom Dornbusch aus eine zweite Linie [später die "24"] über Spaldingstr. nach Hamm und Horn.  Die Strecke am Dornbusch begann zuerst eingleisig. Durch die Gr. Reichenstr und die Kl. Reichenstr sowie Hopfensack waren dann sogleich 2 Gleise verlegt. Östlich vom Meßberg ist jetzt die ganze Gegend durch die Willy-Brandt-Str überbaut, so dass manche Straßen nicht mehr existieren. Über Deichtorstr und Banksstr bog die Rothenburgsorter Linie eingleisig nach Südosten.

Die Strecke am Dovenfleet war noch nicht eröffnet, man plante ja noch den Zollkanal und wo jetzt die Speicherstadt ist standen Wohnungen für 20.000 Menschen. Ganz rechts schon außerhalb der Karte ist der Berliner Bahnhof. Von dort führt seit 18.06.1881 das Gleis der Ring-Linie [später "26"] zum Brooktorquai. Damals lohnte für die dort wohnenden Leute eine Pferdebahn. 


Vermessungskarte um 1900 - (d,h. nach dem Sept 1900 und vor dem 26.11.1906, da das Kehrgleis der Linie [33] über Pelzerstr. noch nicht eingetragen ist. 1903 fuhren die Linien [9], [12], [14], [21], [24] und [25] über diese Strecke und die [33] kehrte am Dornbusch. Am 12.11.1903 verschwand die [14] zum Dovenfleet, dafür kam am 23.12.1904 die Linie [5] auf diese Strecke.
Bis 1900 hatte sich die Zahl der Gleise auf dem Dornbusch-Platz auf vier vermehrt, denn auch nach der Elektrifizierung endeten manche Linien an diesem Platz, so zeitweilig die späteren Linien [20], [24] und [25]. .

Seit 1892 hatten sich die Gleisanlagen im Westen der Strecke ausgedehnt. Nachdem ab November 1892 vier Pferdebahnlinien [später 12, 14, 21 und 24] vom Meßberg über Börse zur Kaiser-Wilhelm-Str. verbunden werden sollten, schuf man eine nach Westen laufende Strecke über Neß und Börsenbrücke, während die Wagen nach Osten über Schauenburger Str und Schulstr. gelangten. 

Die Gleise durch Rathausstr. und Speersort  weiter oben gehörten der Zentralbahn und oben links sieht man die Gleisanlagen des Rathausmarktes nach seinem Umbau im September 1900. Oben rechts ist auch noch ein Zipfel Pferdemarkt zu sehen mit der Kehrschleife der Linie [10] auf dem heutigen G.-Hauptmann-Platz   

 


Die gleiche Karte wie zuvor, nach Osten fortgesetzt. Über die Straße Bauhof vereinigten sich beide von Westen kommenden Strecken und die Linien [23] und [26] - ab 1903 auch noch [14] - kamen zu denen aus dem Hopfensack hinzu. So drängten sich zeitweise 10 Linien auf diesem Straßenstück.
Über Klosterstr und dann zum Klosterwall strebten [5] und [9] weiter zur Steintorbrücke, die [14] und [24] zur Spaldingstr. und die [25] zur Amsinckstr. Die Linien [12], [21], [23] und [33]  hatten noch ein Stück zweigleisiger Strecke vor sich, bevor sie eingleisig die Eisenbahn auf gleicher Ebene kreuzten und es dann wieder zweigleisig durch die Banksstr. ging.

Linie [26] fuhr nicht mehr über Bahnhofstr. (wegen des Berliner Bahnhofes dort bis 1906) und Oberbaumbrücke, denn dort am Brooktorquai und Sandtorquai hatte sich die Eisenbahn und die Speicherstadt ausgebreitet. Seit 27.09.1888 - noch als Pferdebahn - hatte auch sie ihren Weg über Klosterstr. und Dovenfleet genommen.


ergänzter Ausschnitt aus Pharus-Stadtplan 1905  (Sammlung Verfasser) 
 

Beim Bau der Hochbahn konnten die SEG-Linien 5, 7 (statt der 9), 12, 21, 24 und 25 ihre bisherige Route über Schauenburgerstr. behalten, aber die Zentralbahn fuhr ab 01.02.1908 nach Osten mit den SEG-Linien über Schauenburgerstr. und Schulstr. (neben dem ehemaligen Johanneum - jetzt durch Domstr. überbaut). Nach Westen bekam sie neue Gleise über Pelzerstr. (eigentlich das Kehrgleis der Linie [33]), Dornbusch und Gr. Bäckerstr., während auch hier die SEG-Linien ihre Strecke über Gr. Reichenstr. und Börsenbrücke beibehielten (siehe ausführlicher   beim Artikel über "Rathausmarkt" auf dieser Web-Seite). 

Ab 08.04.1909 war die Umleitung der Ferdinandstraßen-Linien über den Alten Wall nicht mehr nötig. Die Linien 4, 6, 7, 9 und 13 fuhren wieder wie vor der Umleitung. Die Linie 22 blieb aber vorerst bei dem Weg über Spaldingstr. und gehörte seitdem somit einige Jahre zur Liniengruppe über die südliche Altstadt.


Skizze Verfasser
Bis Oktober 1912 erreichten die Straßenbahnwagen die Verbindung von Dornbusch zur Börse, indem sie die gerade Zufahrt über Gr. Reichenstr zum Dornbusch einfach geradeaus über Neß und Börsenbrücke weiterfuhren und dann über die hellblau gezeichnete Gleiskrezung in Richtung Rödingsmarkt einbogen. Die Gegenrichtung hatte man durch die Schauenburgerstr. gelegt (auch hier die hellblaue Verbindungskurve).  

Am 09.10.1912 kehrte die SEG die Fahrtrichtung ihrer Linien um. Nach Osten ging es jetzt vom Gr. Burstah in scharfer Rechtskurve in die Börsenbrücke und weiter über Neß und Gr. Reichenstr. Das Gleis über Schmiedestr und Schauenburgerstr wurde jetzt in Richtung Westen befahren. Auch Linie [33] benutzte ihre Kehrschleife am Dornbusch  in umgekehrter Richtung.

Außerdem wurde ab 07.12.1912 ein Gleis über Mönckedamm für die Gegenrichtung zum Gr. Burstah eingerichtet. Ab 11.12.1912 benutzte es auch die Zentralbahn. Nur noch die Linien [7] und [37] befuhren nach wie vor den Gr. Burstah noch einige Jahre in beiden Richtungen, weil sie am Rödingsmarkt gleich scharf links abbiegen mussten.  


Skizze Verfasser - die Strecke Banksstr. inzwischen unter der Bahn und zweigleisig - wird gelegentlich korrigiert.
Linie [9] war inzwischen zur Mönckebergstr. abgewandert und die [15] hatte die [25] ersetzt. Auch die [22] war von dieser Route wieder verschwunden. Trotzdem gab es genug Betrieb.

Bis zum Bau der Entlastungsstrecke über die Straße Pumpen quetschten sich also bis zu zehn Linien durch den Flaschenhals am Bauhof. Wenn jede Linie wie üblich alle 10 Minuten kam, war das also im Durchschnitt jede Minute eine Bahn aus jeder Richtung.

Wie man der Karte von kurz zu Beginn des vorigen Jahrhunderts entnehmen kann, war die Bebauung mit Wohnhäusern noch sehr eng und zum Teil verkommen. So begann man in diesen Jahrzehnten, ganze Häuserblocks abzureißen und die heute bekannten Kontorhäuser zu errichten. Dabei wurden sich anbietende Straßenbegradigungen gleichfalls mitgebaut.   


Skizze Verfasser
Das eigentliche Verkehrsgewühl entstand jetzt nicht mehr in der Straße Bauhof, sondern an einer wie einer doppelten Kreuzungsweiche ausgeführten Gleisverbindung am Meßberg. Sie ist von ähnlicher Funktion wie die Gleiskreuzung an der Südostecke des Rathausmarktes aus dem Jahre 1912 (siehe dort).

Alle vier möglichen Relationen wurden auch tatsächlich linienmäßig befahren. 

Vom Hopfensack zu den Pumpen die Linien [5], [15] und [24]; vom Hopfensack zur Banksstr. Linien [12], [21] und [33]; vom Dovenfleet zu den Pumpen die Linien [14] und [26] und von Dovenfleet zur Banksstr. die Linie [23]. 

Außerdem fuhr Linie [36] neugierig vorbeischauend im Norden über das Gleisdreieck direkt vom Klosterwall zur Spaldingstr und Amsinckstr.


Die dünnen grünen Pfeile zeigen die Einbahnstraßen in der Innenstadt.  . 
Ja, es ist wahr. Dieser Ausschnitt aus dem Enoch-Stadtplan taucht auch im Artikel über die Gleise auf dem Rathausmarkt auf. (Enoch Stadtplan 1928 - Sammlung Verfasser)

Auch die Strecke Börse - Meßberg wurde wegen der Einbahnstraßen für die Autos gravierend umgebaut. Seit dem 16.01.1925 fuhren die Linien [5], [12] und [24] nur noch in einer Richtung durch die Kl..Reichenstr. Nach Osten benutzten die Linien den Weg über Speersort, Steinstr. und Klosterwall zum Deichtorplatz. Nur noch nach Westen ging es über Hopfensack, Kl. Reichenstr., (Alter) Fischmarkt, Schmiedestr. und Schauenburgerstr. Die Gleise über Gr. Reichenstr, Neß und Börsenbrücke kamen außer Betrieb, denn die Einbahnstraße lief entgegengesetzt zur Fahrtrichtung der Straßenbahn. Im Hopfensack fuhren die Linien nur noch auf dem Gleis in Richtung Börse. 

Linie [33] endete seitdem nicht mehr inmitten der Innenstadt am Dornbusch, sondern endete in der Schleife Lange Mühren bei der Mönckebergstr / Glockengießerwall. Man hätte ja sonst für sie eine neue Gleisverbindung als Kehre zur Schauenburgerstr. bauen müssen. 


Skizze Verfasser
So wirkte sich dann diese Einbahnstraßenführung auf die Bahnstrecken Richtung Elbbrücken / Rothenburgsort aus. Linie [5] fuhr dabei in beiden Richtungen über Amsinckstr. Die Linie [12] ging in Richtung Rothenburgsort ebenfalls über Amsinckstr und über die Verbindung bei der Süderstr. wie die [33] und [36]  von der Amsinckstr zur Banksstr und zum Billhorner Röhrendamm. So war die Linie [12] sowohl in der Banksstr als auch in der Amsinckstr in links gerichtetem Einbahnverkehr unterwegs.

An "Markttagen" wünschte man keinen Straßenverkehr auf der Banksstr. Dann fuhren die Linien [12] und [23] in beiden Richtungen über die Amsinckstr. Mit dem Eingehen der [23] hörte dann generell der Straßenbahnverkehr durch die Banksstr. schon vor 1939 auf. Die Linien in Richtung Südost fuhren dann generell die Amsinckstr. entlang.

Die Strecke über Dovenfleet wurde nach den Bombardierungen doch noch 1944 für kurze Zeit von einer Pendellinie [31] befahren. Seitdem ist sie aber ohne Betrieb.

Die Strecke Börse - Meßberg wurde zuletzt im Juli 1943 mit der Linie [12] (zeitweise auch [5] und [14]) betrieben. Nach den Zerstörungen des Krieges wurde die Route nicht wieder aufgebaut. Gute Verkehrsverbindung bekam die Gegend erst wieder seit Februar 1960, als die Station "Meßberg" der Hochbahn eröffnet wurde.

Mein Photo von Mai 2006 mit Blick in die Straße Hopfensack kurz vor der Abzweigung (rechts) der Kattrepelbrücke dokumentiert noch die Spuren der Straßenbahn. Die noch nicht asphaltierten Straße zeigt die besondere typische Pflasterlage. 

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