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Ein Musterbeispiel für eklatanten Planungs-Dilletantismus.
Im Bürgerschafts-Wahlkampf im Frühjahr 2008 entdeckten einige Parteien ihr
Herz für die Wiedereinführung der Straßenbahn. Obschon gerade erst mit
dem Bau begonnen, erschien vielen der Tunnel der U4 zur Hafen-City bereits
obsolet. Die Weiterführung als "echte" U-Bahn über Wilhelmsburg nach
Harburg sollte (gerüchteweise) satte 1,0 Milliarde € kosten - zusätzlich zu
den 300 Millionen € bis zur Hafen-City. So kam schon in
Internet-Diskussionsforen im Februar 2008 die ketzerische Idee auf, in diesem
Tunnel statt einer U-Bahn doch gleich eine Straßenbahn nach Wilhelmsburg fahren
zu lassen.
Um kein Terrain zu verlieren, präsentierte Herr Elste, Vorsitzender der HHA, in "hochbahn aktuell", Februar 2008, einen ersten Plan, in dem die Fortsetzung der U4 nach Süden als weitaus preiswertere sogenannte "U-Straßenbahn" erfolgen sollte. Diese Bahn sollte hinter der Hafen-City den Tunnel verlassen und an der Oberfläche weiterfahren. Ein zweiter U-Straßenbahnzweig kam von Osdorf und den "Arenen", mündete bei der Emilienstr. in die U2 und sollte über die alte Moorkamp-Verbindungskurve bei Schlump auf der U3 in Richtung Landungsbrücken weitergeführt werden. Diese beiden U-Straßenbahnen wären also quasi "Huckepack" auf der U-Bahn weitergefahren. Beide Strecken wären dann mit "ihren" U-Bahnlinien am Berliner Tor angekommen. Eine Weiterführung nach Osten wurde im ersten Plan vorsichtshalber offen gelassen. Das "gute" an dieser Idee sollte der Umstand sein, dass für weitere Schienenverbindungen in bestimmte Vororte keine Schienenwege mehr in die Innenstadt und in der Innenstadt hätten gebaut werden müssen. Nun war die ganze Idee so neu auch nicht. In der Zeitschrift "Nahverkehrspraxis", Heft 1 / 1979 stellte Dr.-Ing. Karl. R. Leimbach (damals Ruhr-Universität, Bochum) sein "Dual-Mode"-Konzept vor, das einen weit ausgereifteren Eindruck machte als der "Elste"-Plan. Offenbar schien sogar der HHA die erste Konzeption vom Februar 2008 so dilettantisch, dass nachgebessert wurde. Es kam ein zweiter Plan in die Presse (z.B. Hamburger Abendblatt am 27.03.2008 - siehe Graphik), der mehr Verzweigungen zu Oberflächenbahnen aufwies - so Linien Farmsen - Großlohe, Wandsbek-Markt - Jenfeld, Mümmelmannsberg - Lohbrügge und Dehnhaide - Steilshoop. Lediglich die Strecke der Metrobuslinie [5] blieb von den Planungen unberührt. Doch auch dieser Plan ließ ein betrieblich durchdachtes Konzept und eine konsequente Linienstruktur vermissen und verdeutlicht den Niedergang der Planungsqualität. Er war eigentlich nicht mehr als ein hübsches Bildchen, lieblos auf die Schnelle hingekritzelt. Wie lieblos, das sieht man schon am Standort der "Arena" fälschlich östlich der S-Bahn. So sollte die U1 im Osten zwei Zweige einer U-Straßenbahn aufnehmen, denen im Westen kein Gegenstück die Weiterführung brachte. Die U2 in der ab 2009 gestreckten Führung Niendorf - Mümmelmannsberg hätte im Westen die Osdorf / Arenen-Strecke sowie die von Wilhelmsburg kommende Strecke über den im Bau befindlichen U4-Tunnel, im Osten aber nur die oberirdische Weiterführung nach Lohbrügge. Von der Strecke zur Horner Geest war noch keine Rede. Auch aus dem Ostring der U3 sollte wieder nur dort eine Linie (nach Steilshoop) ausfädeln, am Westende der Linie war als Ausgleich und anderes Linienende nichts derartiges vorgesehen. Von der mangelnden Sorgfalt, mit der das Streckenkonzept ausgearbeitet war, einmal abgesehen, krankte die ganze Idee aber hauptsächlich an dem schwer zu konstruierendem Fahrzeug, das für diesen teils an der Oberfläche fahrenden Service bestimmte Bedingungen erfüllen musste, aber andererseits auch dem schmalen Lichtraumprofil und der besonderen Stromschienenlage der Hamburger U-Bahn angepasst sein musste. "Von der Stange" wäre es nicht zu haben und dementsprechend teuer. In der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und GAL im April 2008 vereinbarten die politischen Partner dann, doch besser mit dem Bau einer konventionellen Niederflur-Straßenbahn zu beginnen. So halten nur einige Unentwegte diese Idee einer Zwitterbahn zwischen Stadtbahn und U-Bahn im sogenannten "Dual-mode" noch für realisierbar - doch auch um die Niederflur-Straßenbahn vom Frühjahr 2008 ist es im November 2008 ziemlich still geworden. Im November 2009 hat die Idee zwar wieder Auftrieb gewonnen, ist dann aber letztlich gestorben. Eine Straßenbahn für Hamburg liegt in weiter Ferne. |