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Die Zerstörungen im Juli 1943 waren für "großartig"
denkende Städteplaner - makaber wie es ist - natürlich eine Chance, lange
gehegte Ideen zu verwirklichen. Den Abriss der im Wege stehenden Bebauung hatten
ja "dankenswerterweise" die Engländer übernommen. So machte man sich
schon 1944 auf, in ersten Skizzen die Wiederaufbauplanung für Hamburg
festzulegen. Dabei war es sicher egal, ob die Planer noch an einen
"Endsieg" glaubten - auch nach einer Niederlage hätte Hamburg ja
wieder aufgebaut werden müssen.
Auch wenn K. Gutschow nach 1945 als prominenter Vertreter der Planungen der Nationalsozialisten nach Kriegsende aus dem Rennen war und sich mit dem Wiederaufbau von Uelzen begnügen musste, führten doch einige seiner Mitarbeiter dann an prominenter Stelle manche der Pläne der damaligen Zeit weiter - vor allem, wenn es um Straßenbauten ging. Es ist ohnehin erstaunlich, in welchem Maße schon damals großzügig Autobahnen und Ausfallstraßen geplant wurden - z.B. die fast gerade "Achse" von den Elbbrücken bis zur Autobahnauffahrt bei der Alsterkrugchaussee, der auch die Hochbahnstation Hudtwalckerstr. weichen musste. Auch eine Ost-West-Straße durch die südliche Neustadt und südliche Altstadt taucht schon auf diesem Plan auf. Der "Ring2" sollte in diesem Plan nicht über Gärtnerstr. gehen, sondern weiter nördlich verlaufen. Das vorgesehene U-Bahnnetz von 1944 kann natürlich seine Abkunft von den Plänen des Jahres 1938 nicht verleugnen. Aber eine Reihe von Linien, die man 1938 noch bauen wollte, wurden erst einmal nicht mehr berücksichtigt - so der Alsterhalbring über Hallerstr. und Mundsburg zur Burgstr., die Eilbeker Strecke über Friedrichsberg in die Walddörfer, die Verbindung vom "Westbahnhof" im Zuge etwa der Thadenstr. und Feldstr. zum Jungfernstieg. Auch die Verlängerung der Eimsbüttler Strecke hatte sich mit Hagenbecks Tierpark bescheidenere Ziele gesetzt. Die 1943 zerstörte Strecke nach Rothenburgsort war in der Aufbauplanung nicht mehr berücksichtigt. Von den vier von Westen am Hauptbahnhof ankommenden Strecken hatten also erst einmal nur zwei eine für die Zukunft vorgesehene Fortsetzung nach Osten. Weiterhin ist allerdings der neue Westbahnhof geplant (hellblaues Rechteck in der Graphik unten), das "Gauforum" in Altona / Ottensen bei dem gelben "F" und das Stadion im Gebiet der späteren City-Nord sowie die viergleisige U-Bahn-Magistrale zwischen der Petrikirche und dem Hauptbahnhof mit den zwei weiteren Gleisen für die Fahrt in Ostrichtung über die Steinstraße mit der für Mönckebergstr ("Barkhof") korrespondierenden Haltestelle bei der Jakobikirche. Der Westbahnhof hatte natürlich seine Auswirkungen auf das S-Bahnnetz (grüne Linien) - die Strecke über die Hochbrücke über die Elbe war nach wie vor Bestandteil der Wiederaufbauplanes. Zu den einzelnen U-Bahnstrecken im Generalbebauungsplan 1944 (erste Skizze) - (blau = Bestand, wenn auch zum Teil zerstört, rot = neu, gelbe Haltestellen = unverändert, hellblaue Haltestellen = örtlich verlegt. Die Haltestellen Christuskirche (?) und Uhlandstr sollten offenbar aufgegeben werden.) Die "Linienbezeichnungen" sind fiktiv und von mir nur eingesetzt worden, um die Strecken leichter identifizieren zu können. R = Ring: Ähnlich wie im Plan 1938 im Bereich St. Pauli nach Westen über Davidstr. ausgeweitet und zwischen Baumwall und Rathaus begradigt, um die scharfe Kurve in der Steigung beim Rödingsmarkt zu vermeiden. Die Station Uhlandstr. sollte (im Gegensatz zum Plan 1938) geschlossen werden. Die Kurve über Davidstr. sollte aber nicht mehr bereits Sternschanze von der bisherigen Strecke abzweigen und über Schanzenstr. zum Neuen Pferdemarkt laufen, sondern erst hinter der Station Feldstr.. Der Neue Pferdemarkt wurde also doch nicht vom Ring angesteuert. Zwischen Schlump und Feldstraße fuhr sie also im Plan von 1944 gemeinsam mit der Hagenbeck-Hafen-Linie (siehe bei "H"), während noch 1938 die Station Feldstr. aufgegeben werden sollte. Von der großen Kreuzungsstation bei der Bundesstr. ist keine Rede mehr - und die Station Schlump soll es wieder geben. Sternschanze rückt etwas nach Süden. O = Ochsenzoller Linie: Ab Jungfernstieg verlängert und mündend in die viergleisige Mönckeberg-Strecke. Ihre Fortführung nach Osten bleibt ungewiss, da in diese viergleisige Hauptstrecke vier Linien von Westen einmündeten, aber nur noch zwei nach Osten abgingen. Die Station Stephansplatz sollte unter den Dammtorbahnhof verlegt werden und Klosterstern mehr in die Rothenbaumchaussee rücken. Für das Sportareal war an der Sengelmannstr. eine neue Haltestelle vorgesehen. W = Westbahnhoflinie: Diese Linie stand in enger Verbindung mit dem Ring. So ist vorstellbar, dass sie auch einen Ring bilden sollte und über Berliner Tor und Barmbek die "R" verstärkte. Ihr Nordende sollte jedenfalls von Emilienstr über eine Verbindungskurve nach Hoheluftbrücke auf die Ringlinie münden und vermutlich mindestens bis Barmbek laufen. Ob sie ab St. Pauli über Baumwall oder die Neustadt geführt worden wäre ist unbestimmt, beide Führungen wären gleistechnisch möglich. Ganz klar geht aus dem Plan nicht hervor, ob Emilienstr an der bisherigen Position erhalten bleiben sollte oder eine neue Kreuzungsstation an der Fruchtallee entstehen sollte und dafür Christuskirche und Emilienstr aufgegeben werden sollten. E = Elbuferlinie: Ob es denn nun wirklich nötig wäre, am relativ dünn besiedeltem Elbufer eine U-Bahn zu bauen, ist sicher die Frage. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass zur Hoheluft und nach Lokstedt und auch nicht zum östlichen Alsterufer über Uhlenhorst und Winterhude eine Schnellbahn geplant war, dann wird diese Strecke noch fragwürdiger. Ab St. Pauli konnte auch diese Linie über Baumwall oder die Neustadt laufen und gelangte dann zur viergleisigen Mönckebergstraßen-Strecke. H = Hagenbeck <---> Hafen: Hierin war der Eimsbüttler Zweig der Hochbahn einbezogen. An Nordende wie Jahrzehnte später tatsächlich gebaut nach Hagenbeck verlängert mit einer neuen Haltestelle bei der Lutterothstr (Hellkamp sollte aufgegeben werden), einer nach Norden versetzten Station Osterstr, einer nicht mehr aufgeführten Station Christuskirche übernahm diese Linie ab Feldstr. bis Millerntor sparsamer als gegenüber 1938 die alte Ringstrecke und tauchte dann ab unter die Elbe in Richtung Argentinienbrücke. Man kann davon ausgehen, dass sie im Hafengebiet oberirdisch laufen sollte. Ihr Südende sollte erst in Harburg sein. B = Billstedt: Hamm war völlig zerstört. Diese günstige Gelegenheit benutzten die Planer, die Autobahn von Lübeck geradlinig bis zum Berliner Tor zu verlängern. Eine U-Bahn durch das zerstörte Gebiet schien momentan nicht oppurtun. Daher ging man von Berliner Tor parallel zur S-Bahn mit dieser Strecke nach Osten. Den Bahndamm hätte man leicht verbreitern können, da rechts und links der Strecke fast nur noch Ruinen waren. So wäre diese U-Bahn oberirdisch preiswert zu realisieren. Der Güterbahn folgend bog sie dann beim Horner Weg nach Osten in Richtung Billstedt und Lohbrügge. Vermutlich hatte man im Hinterkopf den Gedanken, nach dem Wiederaufbau von Hamm diese Linie dann wieder im Zuge der Hammer Landstr. zu führen und die U-Bahngleise zwischen Berliner Tor und Hasselbrook für eine S-Bahn nach Ahrensburg oder für den Fernverkehr zu verwenden. Welche der Linien "E", "O" oder gar "W" für den Anschluss nach Billstedt vorgesehen war, läßt der Plan offen. Betrieblich wäre man da von der Gleislage her flexibel gewesen. (Quelle der Graphik Generalbebauungsplan 1944: Bose, Holtmann, Machuk, Pahl-Weber, Schubert "Ein neues Hamburg entsteht". Staatsbibliothek Hamburg, Hamburg-Lesesaal, Signatur HH2545/16). |